Tierschutzgesetz §11

und die Berufsaussichten für Hundetrainer

Die Tierärzte, deren Lobby und die Auswirkungen auf die Berufsaussichten für Hundetrainer oder warum braucht es eine Erlaubnis nach § 11 TSchG?
– von Andrea Winkler –

http://sachkunde-hundetrainer.info/die-tieraerzte-deren-lobby-und-die-auswirkungen-auf-die-berufsaussichten-fuer-hundetrainer-oder-warum-braucht-es-eine-erlaubnis-nach-§-11-tschg/

Bereits vor dem 01.08.2014 war durch das Tierschutzgesetz geregelt, was im Bereich Tierschutz und Hundetraining erlaubt ist und was nicht. Jeder Hundetrainer hatte sich bereits vor diesem Datum an die gesetzlichen Regelungen halten und durfte nur ein Hundetraining anbieten, welches dem TSchG entsprach.

Wie bei allen Gesetzen hat sich nicht jeder daran gehalten. Mir ist keine Dokumentation darüber bekannt, dass die bereits vorhandenen Hundeschulen auf einmal so auffällig gegen geltendes Recht verstoßen hätten. Unverständlich ist es für mich deshalb, dass der Gesetzgeber auf einmal einschreiten und eine Erlaubnispflicht für gewerbliche Hundetrainer fordern müsste.

Manchmal gibt es für Gesetze einen realistischen Hintergrund, so wurden z.B. die Rasselisten als Antwort auf den schrecklichen Tod des kleinen Volkan aus Hamburg aus dem Boden gestampft. Meine persönliche Meinung ist, dass damit über Hunde bestimmter Rassen so viel tierschutzrelevantes Elend gebracht wurde, dass ich mich nur wundern kann, wie das mit den hohen Ansprüchen an den Tierschutz gerechtfertigt werden konnte und kann.

Mir ist nicht bekannt, dass es eine große Welle der Empörung gegen schlechte Hundeschulen gab, die auf einmal die Bevölkerung nach einer Erlaubnispflicht für Hundetrainer rufen ließ – oder gar Massen an dokumentierten Vorfällen, die nachweisen, dass die Hundeschulen schlecht und tierschutzwidrig arbeiteten. Es gab gute und schlechte Hundeschulen und Erlaubnispflicht hin oder her, die wird es auch weiterhin geben.

Warum also überhaupt eine Erlaubnispflicht und wer war an der Ausarbeitung beteiligt?

Dazu ein paar Informationen:

Ende der 90er Jahre gab es einen Ansturm auf die Studiengänge für Tiermedizin. Wie so häufig, wenn sich ein Studiengang großer Beliebtheit erfreut, gibt es nicht genug offene Stellen für die Berufsabgänger und so sinken auch meist die Gehälter.

Vollzeit arbeitende Berufsanfänger verdienen laut Statistik von beruftierarzt nur zwischen 24.000 und 30.000 €. Und das sind auch nur die, die auch eine Stelle bekommen haben.

Im Jahr 2009 nahm sich schon die FAZ des Themas an, dass der Traumberuf Tierarzt wohl schon keiner mehr ist. (http://www.faz.net/…/traumberuf-tierarzt-dann-geht-man-eben…) Viele Tierärzte waren arbeitslos oder mussten noch nebenher arbeiten, damit sie ihren Lebensunterhalt finanzieren konnten.
Was also tun?

Mit der Umsetzung des § 11 TSchG ergeben sich jetzt völlig neue Einnahmequellen.

Damit beschäftigen sich nicht nur Dissertationen, die genau beschreiben, welche Einnahmequellen die Verhaltenstherapie für Tierärzte eröffnet –

Zitat: „Die Gebührenordnung für Tierärzte ermöglicht mit der Gebührenziffer 11 „Eingehende Anamneseerhebung oder Beratung (…) bei Verhaltenstherapie“ die Berechnung von Leistungen, wie Verhaltenstherapie, bis zum dreifachen Satz. Eine zusätzliche Zeitgebühr kann dabei zusammen mit der eigentlichen Leistung, ebenfalls bis zum dreifachen Satz, in Rechnung gestellt werden (GOT, 1999). Nach GOT (1999) berechnet sich der einfache Stundensatz für Verhaltenstherapie auf 66,46 Euro.“

Oder ebenfalls ein Zitat:

Die Eingliederung der Verhaltensmedizin ermöglicht das Anbieten eines einzigartigen, generellen Services, erhöht den Wiedererkennungswert der Praxis und dient als indirekte Werbung. Sie schafft annehmbare, angepasste Tiere und glücklichere Besitzer, was dazu führt, dass die Tiere länger bei ihren Besitzern bleiben und dadurch letztendlich die tierärztlichen Aktivitäten erhöhen. (BURGHARDT, 1991).
Der Kleintierpraktiker kann somit Teil des verhaltensmedizinischen Teams werden, sein Praxisniveau erhöhen, dem Kunden bzw. Patientenbesitzer einen wertvollen Service anbieten, wodurch sich der Patientenstamm seiner Praxis und damit sein Praxiseinkommen erhöhen (BURGHARDT, 1991)

Quelle: https://edoc.ub.uni.münchen.de/8931/1Sprauer_stefanie.pdf

Auch die Tierärztekammer Hessen schreibt ganz öffentlich:

„Die Landestierärztekammer Hessen hat sich dafür eingesetzt, die Zertifizierung von Hundetrainern durchzuführen, um die Abnahme der Prüfungen fachkundig zu gestalten und um dieses Betätigungsfeld für Tierärzte/innen zu eröffnen.“
(http://www.ltk-hessen.de/index.php?id=1381)

Hundetrainer prüfen als Betätigungsfeld und Einnahmequelle für Tierärzte.

Im Jahr 2005 wurde deshalb, damit die Kleintierärzte nicht mehr nur „medizinisches“ rund ums Tier anbieten können, der Ausbildungsgang Tierarzt mit Zusatz Verhalten eingeführt. Damit sollte auch Tierärzten ermöglicht werden, als Hundetrainer und Verhaltensberater zu arbeiten. Der Ausbildungsgang ist zwar lang ( 2 Jahre), beinhaltet aber nur ca. 50 Stunden Theorie und 25 Fallbeispiele. (Quelle TÄK Niedersachsen: http://www.tknds.de/cmtknds/index.php?page=246)

Eine praktische Prüfung während dieser Ausbildung war für mich nirgendwo zu finden.

Es verwundert mich sehr, dass solcherart weitergebildete Tierärzte in der Praxis Hundetrainer prüfen, die zum Teil seit 30 Jahren im Berufsleben stehen und praktisch arbeiten. Wer sollte da wen prüfen?

Käme irgendjemand auf die Idee, dass jeder Kinderarzt auch automatisch ein Erzieher ist und deshalb alle Erzieher/ innen prüfen darf und kann?

Wie kann es sein, dass über den „Beruf“ Hundetrainer diskutiert und beschlossen wird und kein einziger Hundetrainer ist bei diesen Beschlussfassungen dabei?

Die Tierärztekammern sind und waren bei der Gesetzauslegung beratend zur Umsetzung des § 11 Abs. 1 Ziffer 8 f TSchG dabei. Hundetrainer müssen draußen bleiben. Keines der Ausbildungsinstitute für Hundetrainer war an der Festlegung eines Berufsbildes beteiligt. Warum?

So wurde aus einem geforderten Fachgespräch auf einmal eine dreiteilige Prüfung. Diese kann der Amtstierarzt dann scheinbar nicht alleine bewältigen. Dazu braucht es noch mehr Tierärzte. Der d.o.q. test wurde von Tierärzten entwickelt und diese verdienen an dem Test. Selbst zum Fachgespräch wird oft ein zusätzlicher Tierarzt hinzugezogen – zahlen müssen das wir Hundetrainer. Zusätzlich findet eine praktische Prüfung statt, abgehalten von einem Tierarzt, der selber nur Fallberichte abgeben musste.

Ich selbst wäre sofort bereit auch Fallberichte zu schreiben. Scheint mir viel kostengünstiger.

Das Bundesministerium dagegen lässt durch Dr. Tennagels verlautbaren:

„Die generelle Forderung der Vollzugsbehörden nach einem Fachgespräch bei Absolventen privater Bildungseinrichtungen ohne Ermessensabwägungen im jeweiligen Einzelfall ist – so solcher erhoben wurde – aus meiner Sicht nicht zulässig“.

Ja, scheint sich aber nicht rum zu sprechen.

Dazu kommt, dass manche Tierärzte, die Hundetrainer prüfen dürfen, sich öffentlich nicht freundlich gegenüber Hundetrainern positionieren.

„Tierärztlicher Verhaltenstherapeut versus „Tierpsychologe“ und Hundeschule
Selbsternannte „Tierpsychologen“ und Self-made-Hundeschulen sprießen zur Zeit wie Pilze aus dem Boden. Dazu ist zu vermerken, dass es in Deutschland den Ausbildungs- oder Studienberuf „Tierpsychologe“ als anerkannten staatlichen Abschluss nicht gibt. Dies trifft auch auf die Bezeichnung „Berufshundetrainer“ o . ä zu. Der Beruf des Hundefachwirts ist zur Zeit erst in der Entwicklung. Der oft zitierte Sachkundenachweis § 11 Tierschutzgesetz bestätigt nur die Sachkunde zur Haltung eines Hundes, ist aber kein Nachweis für die Qualifikation als Hundeausbilder!
Ein „echter“ Verhaltenstherapeut ist eine Tierärztin oder ein Tierarzt mit einer umfangreichen zusätzlichen Ausbildung und entsprechender, staatlich anerkannter Prüfung. Die korrekte Berufsbezeichnung lautet Tierarzt mit Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie oder Fachtierarzt für Verhaltenstherapie (Bundesland Hessen). Die regelmäßige Teilnahme an fachbezogenen Fortbildungen ist Pflicht und für uns selbstverständlich. Für Sie als Tierhalter bedeutet dies, dass die Diagnosestellung und Behandlung von Verhaltensproblemen –gleichgültig auf welcher Ursache basierend- immer nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgt.“

Quelle: http://www.kleintierpraxis-schwalm.de/verhaltenstherapie/

Hier stellt sich nun die Frage: wie haben die Menschen nur vor 2005 ihre Hunde erzogen bekommen – mit ganz normalen Hundetrainern?

Mir wäre die Einzelmeinung eines Tierarztes egal, aber genau dieser Tierarzt darf Hundetrainer prüfen – als Sachverständiger. Ist das ein neutraler Sachverständiger?
Ich weiß es nicht, aber ich hätte große Bedenken.

Eine Tierärztin aus Bayern, die Trainer prüfen darf, ist eine große Anhängerin der Rudelstellungen nach Ertel. Für die, die es nicht kennen, kurzgefasst: alle Hunde haben von Geburt an eine Position und wenn man einen vorderen Hinterherläuferhund hat, dann kann es sein, dass der nicht zu dem bereits vorhandenen hinteren um die Eckedenkhund passt. Deshalb treffen sich Anhänger dieser Theorie gerne und tauschen die nicht passenden Hunde aus. Tausche vorderen Hinterherstürmer gegen hinteren um die Eckedenkhund.
Wenn man dann die passenden Hunde hat, muss man eigentlich gar nicht mehr trainieren, das machen die Hunde dann selbst und wenn die sich nicht selber trainieren, dann hat man eben nicht die richtige Stellung gefunden.

Auch hier sage ich als Kölnerin gerne: na, jeder Jeck ist anders.

Aber wenn jemand, der solchen wohl mehr als umstrittenen Theorien nachhängt, mich nun prüfen darf und ich muss das alles auch noch zahlen, ja, dann vergeht mir das Lachen.

Noch einmal ganz klar:

Ich halte nicht alle Tierärzte für Verhaltenstherapie oder ähnlichen Weiterbildungen für keine guten Hundetrainer oder für geldgierig oder ähnliches. Ich denke, dass es da genauso ist wie überall: es gibt gute und schlechte, sehr engagierte, die genauso wie jeder Hundetrainer viel in der Praxis arbeiten und mit ihrem ganzen Herz an ihrem Beruf hängen.
Meine eigene Tierärztin genießt mein volles Vertrauen!

Das allerdings nun auf einmal Tierärzte, egal wie viel Berufserfahrung und Praxis sie haben, zum Teil im gleichen Einzuggebiet ihre Konkurrenz prüfen dürfen und damit mehr verdienen, als mit ihrer „normalen“ Arbeit, halte ich für nicht zielführend.

Warum ein Amtstierarzt nicht ein Fachgespräch durchführen kann erschließt sich mir auch nicht.

Warum aus einem Fachgespräch eine 3teilige Prüfung wurde, die bis zu 1500 € kostet, auch das kann ich nicht nachvollziehen.

Warum kein einziger Hundetrainer an der Ausarbeitung des Berufsbildes „Hundetrainer“ beteiligt ist – ein Rätsel!

Warum alle privaten Ausbilder nicht mehr anerkannt sind konnte mir bisher niemand erklären. Persönlich denke ich, dass das nicht geschehen ist, weil daran kein Tierarzt beteiligt ist.

Aber ich bin in der Rudelstellung ja auch nur der mittlere Trainernixversteherdepp

Text von http://sachkunde-hundetrainer.info/die-tieraerzte-deren-lobby-und-die-auswirkungen-auf-die-berufsaussichten-fuer-hundetrainer-oder-warum-braucht-es-eine-erlaubnis-nach-§-11-tschg/